Hallo mein Leser, meine Leserin,
ich heiße Marie und beginne nun zu schreiben über meine bevorstehende Therapiezeit wegen Krebs. Ich bin 25 und komme aus dem schönen Hessen in Deutschland. Ich lebe mit meinem Mann und meiner Tochter und einem kleinen Zoo zusammen.
Es ist nun zwei Tage her, dass ich im Krankenhaus stationär aufgenommen wurde. Ich habe seit über 4 Monaten Husten und es war keine Besserung in Sicht. Meinen neuen Hausarzt, den ich nach 3 Monaten Husten aufsuchte, schickte mich zuerst wieder mit der Diagnose "Erkältung" nach Hause. Da ich eine Woche zuvor eine Konisation/Eingriff wegen Verdacht auf Gebärmutterhalskrebs hatte, wurde ein hoher Puls festgestellt. Auch meine Blutwerte waren schlecht. So sollten meine Blutwerte im Anschluss an die Operation nochmals überprüft werden. Tabletten wegen einem starken Eisenmangel bekam ich fortan. Bei der zweiten Blutuntersuchung waren die Ergebnisse erneut sehr schlecht. Besonders die Entzündungswerte waren bei um die 370. So nahm der Arzt endlich meinen Husten ernst und gab mir ein Antibiotika. Eine Woche später, aus denen zwei Wochen wegen seinem vollen Terminkalender wurden, wurde wieder das Blut untersucht. Mein Husten veränderte sich in der Zeit nicht. Am Abend erhielt ich einen Anruf vom Arzt, dass der Wert sogar mit Antibiotika weiter gestiegen ist. Er verschrieb mir erneut ein Antibiotika und gab mir eine Überweisung zum Röntgen. Der Radiologe hatte aber auch erst eine Woche später Zeit für mich. Seine ersten Sätze nach dem Röntgen "Sie wurden wegen Verdacht auf eine Lungenentzündung zu mir geschickt. Ich habe etwas gefunden. Eine Lungenentzündung wäre noch schön gewesen". In diesem Moment war ich geschockt. Ich hatte mich ganz ehrlich gefragt, ob ich mir den Husten vielleicht sogar einbilden würde. Ob ich zu viel Stress habe, oder gar eine Allergie. Dass nun wirklich etwas gefunden wurde, machte mich sprachlos. Er erklärte, dass er eine große Gewebsmasse in der Mitte meines Brustkorbes sehen konnte. Er könne sich aber nicht erklären was es ist. Ich solle schnell zu meinem Hausarzt fahren und er müsse weiter entscheiden. Aber ich solle mich auf eine lange Zeit im Krankenhaus einstellen. Mir liefen nur die Tränen. Nicht einmal wegen seiner Beurteilung, sondern wegen meiner Tochter. Der Gedanke, sie allein lassen zu müssen, war Hölle. Ich fuhr zum Arzt. Dort schaute man mich erst einmal verwirrt an. Ich überreichte die Bilder und sagte, dass ein Fax von der Radiologie eingetroffen sein muss. Die Sprechstundenhilfe entgegnete mir: "Und was soll ich jetzt damit? Was wollen Sie hier?" Ich sagte, dass ich vermutlich ins Krankenhaus muss und schnell her sollte. Dann las sie sich den Befund durch, von dem sie scheinbar nicht so viel Verstand und ich sollte im Wartezimmer Platz nehmen. Ich kam sofort dran. Der Arzt machte einen kleinen Ultraschall vom Bauch. Dort sei alles in Ordnung und sodann, gab er mir die Überweisung für einen stationären Aufenthalt in die Hand. Ich fragte ihn, welches Krankenhaus ich aufsuchen solle und ob er weiß, wo ich womöglich mit Baby sein könnte. Aber er ließ mir die freie Wahl des Krankenhauses und mit dem Baby mitaufnehmen, wusste er nicht.
Zuhause angekommen, atmete ich erst einmal ein wenig durch. Erzählte alles meinem Mann und spielte bewusst nochmals mit meiner Kleinen. Da ich mir schon nach kurzen wenigen Berichten aus dem Internet sicher war, dass ich nicht mit ihr auf einem Zimmer sein werde. Der Gedanke, dass sie zuhause mit Papa am Besten aufhehoben ist, verfestigte sich schnell. Dort ist sie in der gewohnten Umgebung und nicht in einem kleinen Krankenhauszimmer und Papa liebt sie abgöttisch. Ich hatte dennoch Ängste, da Papa noch nie zuvor durch ihr Schreien in der Nacht wach wurde. Doch nach wenigen Tagen weiß ich, wenn der Mann keine andere Wahl hat, klappt das plötzlich ohne Probleme. Als ich die Zwei beim Besuch so sah, musste ich so oft schmunzeln, weil er unserer Maus schon so wie ich nachrenne und er genau aufpasst, dass sie sich nirgends verletzt oder weh tut. Für die Papa-Tochter-Bindung ist es super. Ich hoffe dennoch, wenn ich hier rauskomme, dass ich auch weiterhin noch wichtig für sie bin. Sie vermisst mich zwar und sagt oft Mama Zuhause, aber vielleicht akzeptiert sie sodann nur noch Papa als richtige Bezugsperson?
Vermutlich sind die Gedanken auch Schwachsinn, aber dennoch kommen mir so Sachen in den Kopf.
Mein Mann brachte mich mit Mausi ins Krankenhaus. Im Krankenhaus angekommen, sollte ich über die Notaufnahme letztendlich stationär aufgenommen werden. Ich schickte sie dann nach Hause, da an die 40 Menschen warteten und ich dass nicht meiner Kleinen zumuten wollte. Das waren in der Notaufnahme Zustände, die mich sprachlos machten. Nach über 5 Stunden und nur einem kleinen Arztgespräch dazwischen wurde ich stationär aufgenommen.
Die Notaufnahme war gerammelt voll. Alle rannten umher und wirkten so zerstreut und überfordert. Eine Dame mit Alzheimer wanderte verwirrt durch die Gänge. Einem Mann mit Kopfverband wurde verboten aufs Klo zu gehen. Er bettelte die Helfer an, aufs Klo zu müssen. Er habe Schmerzen und müsse so dringend. Sie zickten ihn an, dass er warten solle. Der Mann war einfach nur beschämt und verzweifelt. Ich hatte so unendliches Mitleid. Nachdem sich auch viele Wartenden einmischten, durfte er aufs Klo. Er war nach seinem Klobesuch aber ganz schön anstrengend. Er wanderte einfach die Gänge umher. Beschwerte sich warten zu müssen usw. Da konnte ich mir gut vorstellen, dass es zuvor für die Pflegekräfte nicht einfach mit ihm war und sie wohl deshalb auch solch ein Verhalten an den Tag legten. Was dennoch völlig unangebracht und menschenunwürdig war.
Der Arzt, der in der Notaufnahme mit mir sprach, besprach die Bilder mit dem Oberarzt. Das war das Einzige was wirklich passiert ist.
Am nächsten Morgen konnten sie mir aber schon berichten, was sie auf den Röntgenbildern vom Radiologen sehen, was er "angeblich" nicht erkannte. Ich denke, er wollte einfach der Nachrichtenüberbringung ausweichen. Der Arzt schwafelte viel herum und kam an für sich nicht auf den Punkt. Er erklärte die Masse und so weiter und es könnte sein, dass es vielleicht Krebs ist. Aber es sei nur ein Verdacht darauf.
Ein paar Stunden später war er wieder mit einer Ärztin und der Krankenschwester im Zimmer. Diese interessierte sich sehr und wollte auch die Lymphdrüsen am Hals abtasten. Sie fragte, ob ich denn nun gesichert Krebs habe oder es weiterhin der Verdacht ist. Mit seiner Antwort erfuhr ich beiläufig, dass ich Krebs habe. Die Nachricht hätte ich gerne direkt erfahren..
Als sie alle wieder draußen waren, ging ich ins Bad und verdrückte ein paar Tränchen. Meine ersten Gedanken waren, wie ich es bloß der Familie sagen solle. Ob ich es verheimlichen solle? Auf den angekündigten Familienbesuch am Mittag hatte ich urplötzlich keinerlei Lust mehr.
Ich rief zuerst meine Mama an und sagte es ihr. Sie war zwar sehr geschockt, aber noch relativ gefasst und ruhig am Telefon. Es folgten Untersuchungen. Danach war ein Haufen Verwandtschaft und mein Mann mit Mausi im Aufenthaltsraum. Papa wusste durch Mama Bescheid, der da war, aber verriet nichts. Das trieb die Neugier aller anderen in der Wartezeit auf die Spitze. So betrat ich den Raum nach den Untersuchungen und wurde gelöchert etwas zu sagen. So war keinerlei nette schonende Aufklärung mehr für mich möglich. So haute ich es einfach raus: "Ich habe Krebs".
Alle schauten mich geschockt an. Brachen in Tränen aus und ab da an, war ich gedanklich für einige schon tot. Auch mein Mann konnte nicht akzeptieren, als ich von den guten Heilungschancen berichtete. Erst am nächsten Tag und vielen Lesen von ihm im Internet, beruhigten sein Gewissen. Sodass er nun auch mit mir optimistisch ist. Ich bin froh darum! Die restliche Verwandtschaft die an dem Tag da war, dreht etwas am Rad. Mein Dad glaubt ich bin schon tot und will mich jeden Tag besuchen und der Rest schreibt mir SMS mit so Sätzen wie "Du musst das packen. Denk dran, du hinterlässt Mann und Kind".. Ja, danke ;). So Sätze brauche ich nun. Vor allem bin ich optimistisch, dass ich es packe und alle anderen flennen da rum. Wenn muss ich heulen und sonst niemand. Sie sollen einfach lachen und Freude haben, so wie ich. Ich lebe und mir geht es gut. Den Krebs sage ich den Kampf an und ich werde gewinnen :)!